Sagen - Rittergutsschloss Taucha • Rittergutsmuseum • Kulturscheune • Haugwitzstube

Förderverein Schloss Taucha e. V.
Wir begehen 2024 das Festjahr anläßlich "1050 Jahre Ersterwähnung Burgort Cothug" | Wir sind Mitglied im Tauchaer Kulturkreis
Deutscher Museumsbund
Wir begehen 2024 das Festjahr anläßlich "1050 Jahre Ersterwähnung Burgort Cothug" | Wir sind Mitglied im Tauchaer Kulturkreis
Direkt zum Seiteninhalt
Die Sage von der Glockentiefe
neu erzählt von Detlef Porzig

Vor vielen, vielen hundert Jahren stand auf einem Hügel inmitten der Stadt Taucha ein Schloss. Obwohl es selbst noch nicht sehr alt war, wurde der Hügel von den Einwohnern der Stadt schon Schlossberg genannt. Und wie zu allen Schlössern gehörte auch zu diesem eine kleine Kapelle, die nach dem Jünger Jesu Johannes, also dem Heiligen Johannes, Sankt-Johannes-Kapelle hieß. Und tagaus, tagein verkündete ihre einzige Glocke für die Herrschaft des Schlosses und ihr Gesinde, aber auch für Bürger und die anderen Bewohner der Stadt mit schönem Klang in regelmäßigem Abstand, welche Stunde es gerade geschlagen hatte. Zur Andacht rief sie natürlich auch.

Nun begab es sich, dass die Stadt Taucha in kriegerische Auseinandersetzungen zwischen dem meißnischen Markgrafen Dietrich von Landsberg, den man auch den »Weisen« nannte, und dem Magdeburger Erzbischof Bernhard verwickelt wurde. Markgraf Dietrich und seine Gefolgsleute und ihre Truppen bedrängten die des Erzbischofs, die dieser zur Unterstützung der Verteidigung seiner Stadt gesandt hatte, gewaltig. Stadtmauer und Stadttore der kleinen Stadt im Osterland waren für die Meißnischen jedenfalls keine unüberwindlichen Hindernisse. Als die Magdeburger Söldner begannen, sich im Gefecht aufs Schloss hinter dessen Mauern zu flüchten, erkannte der Schlosskaplan, dass die Zeit für sein Handeln gekommen war. Mauritius, er trug den Namen des Magdeburger und Tauchaer Schutzheiligen, war auch für das Läuten der von ihm sehr geliebten Glocke verantwortlich. Er fürchtete, dass die Glocke im bevorstehenden Kampf um das Schloss Schaden nehmen könnte.

So läutete er sie ein letztes Mal, dann rief er zwei Knechte herbei, die mit ihm die Glocke abnahmen. Sie brachten sie durch die hintere Schlosspforte, da von dort ein Abhang ziemlich steil zu der damals direkt am Fluss des Schlossberges nicht allzu schnell fließenden Parthe führte. Dazu kam, dass an dieser Stelle Tauchas kleiner Fluss recht tief war. Nach dem vorsichtigen Herablassen der Glocke versenkten sie diese hier. Später, so dachte Mauritius, wenn Frieden wieder im Lande wäre, könnte er sie bergen. Mit einiger Anstrengung würde ihm schon gelingen, sie erneut zu Gottes Ehre zum Läuten zu bringen. Leider hatte er sich darin getäuscht. Erzürnt und wütend über den hartnäckigen Widerstand der Schlossbesatzung ließ Markgraf Dietrich das Schloss schleifen. Kaum ein Stein blieb auf dem anderen und auch der Schlosskaplan, den man wegen seines geistlichen Standes am Leben gelassen hätte, war durch einen herabstürzenden Balken erschlagen worden. Einer der Knechte erzählte zwar vom Versenken der Glocke, aber durch die Wirren nach der Erstürmung des Schlosses geriet das Ereignis allmählich in Vergessenheit.

Ab und an, wenn in dunklen Winterzeiten die Familien zusammen saßen und sich Geschichten erzählten, wurde auch an die in der Parthe versenkte Glocke erinnert. Doch keiner kannte mehr die genaue Stelle, hatte doch auch die Parthe ihr Bett mehrfach verändert und floss deutlich weiter entfernt vom Schlossberg.

Eine ältere Frau, die als Hebamme ihr täglich Brot verdiente, und den Kindern wunderbar Geschichten erzählen konnte, meinte sogar, es sei möglich, dass der Parthenix sie geborgen hätte und in seiner unterirdischen Behausung aufbewahre. Manchmal würde er sie auch läuten und dann könne man oben auf dem Schlossberg, wenn man genau hinhöre, ihren feinen Klang vernehmen.

ZUM HINTERGRUND DER SAGE
Wie viele Sagen kann auch die von der Glockentiefe auf tatsächliche Ereignisse zurückzuführen sein.

So ist anzunehmen, dass bei der Errichtung des ersten Tauchaer Schlosses auf dem Schlossberg im Jahr 1220 auch eine Kapelle mit errichtet wurde. Sie soll den Namen des Heiligen Johannes geführt haben. Dabei ist nicht auszuschließen, dass sie als Zeichen der Christianisierung unseres zuvor von heidnischen Slawen besiedelten Landes schon früher auf dem Gelände der sorbischen Burganlage der Supanie gebaut wurde.

Als Taucha in die Streitigkeiten zwischen dem meißnischen Markgrafen Dietrich von Landsberg, genannt der Weise und seinen Gefolgsleuten Falke und Kurt von Röder, und dem Magdeburger Erzbischof Bernhard verwickelt wird, unterliegen die von Magdeburg aus entsandten Truppen. Das Tauchaer Schloss wird gestürmt und geschleift. Es ist nicht auszuschließen, dass der Schlosskaplan die Glocke der St.-Johannes-Kapelle sichern wollte und sie in der Parthe versenkt hat.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass in der zur Zeit der Antoniter um 1500 auf dem Schlossberg als einzigem Bau errichteten St.-Wolfgang Kirche bei deren Brand 1525 die Glocke gerettet werden konnte und versenkt wurde. Belegt ist keine der beiden Möglichkeiten. Auszuschließen ist ein Versenken der Glocke im Schlossbrunnen.

Auf jeden Fall erhielt die Gegend zwischen Parthe und dem Fuß des Schlossberges im Volksmund den Namen »Glockentiefe«.
Haugis Freunde
© 2024 Förderverein Schloß Taucha e. V.
Denkmal
Lutherweg
Deutsche Stiftung Denkmalschutz
European Heritage Days
Deutscher Museumsbund
Leipzig Region
Zurück zum Seiteninhalt